Ungesundes Verhalten

14.09.2019

Die 7 größ­ten Lebens­zeit­kil­ler

Wer ungesund lebt, stirbt früher. Welche die größten Gesundheitsrisiken sind und wie viele Lebensjahre sie kosten, haben Forscher für Deutschland ermittelt.

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Schlechter Dreiklang: Zigaretten, Chips und Bier sind (auf Dauer) für ein langes Leben nicht gerade förderlich.

Zigaretten, zu viel Alkohol oder kaum Bewegung: Die Deutschen verlieren durch ungesundes Verhalten wertvolle Lebenszeit. Wieviel genau, das haben Wissenschaftler des Erasmus-Universitätsklinikums in Rotterdam in einer aktuellen Studie ermittelt. Hier ist die Liste der sieben größten Lebenszeitkiller.

1. Rauchen (Männer:  -6,9 Jahre, Frauen: -5,9 Jahre)

Es liest sich wie die Zutatenliste eines Giftcocktails: Blei, Arsen, Formaldehyd oder Teer. Es sind Stoffe, die in Rattengift oder Spülmittel zu finden sind, aber eben auch in Zigaretten – wie weitere rund 250 nachweislich giftige Substanzen. Und fast genauso lang und eklig wie Zutatenliste ist auch der Katalog an Folgen, die auf das Rauchen zurückgehen: Gendefekte, Durchblutungsstörungen, Asthma, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Hautalterung, Allergien und vor allem Krebs, insbesondere Lungenkrebs.

Schätzungsweise 100.000 Menschen in Deutschland sterben jedes Jahr infolge des Qualmens. Und obwohl die Zahl der Raucher erfreulicherweise seit Jahren zurückgeht, ist Tabakkonsum noch immer die Hauptursache für einen vorzeitigen Tod. Fast sieben Jahre verliert statistisch gesehen ein aktiver männlicher Raucher gegenüber jemandem, der nie zur Zigarette gegriffen hat. Bei Frauen beträgt das Minus fast sechs Jahre. Für alle Abhängigen gibt es aber einen Hoffnungsschimmer: Wer das Rauchen aufgibt, verringert das Krebsrisiko beträchtlich. Das schlägt sich auch in einer höheren Lebenserwartung nieder. Männliche Ex-Raucher büßen „nur“ noch 2,5 Jahre ein, Frauen etwa 2,1 Jahre.

2. Fettleibigkeit (Männer: -5,0 Jahre, Frauen: -3,4 Jahre)

Wie in vielen Industriestaaten werden auch die Menschen in Deutschland immer dicker: Zwei Drittel der Männer und jede zweite Frau hierzulande sind laut Robert-Koch-Institut bereits übergewichtig. Das heißt, ihr Body-Mass-Index (BMI) liegt bei mindestens 25. Und jeweils rund ein Viertel beider Geschlechter kommt gar auf einen BMI von 30 oder mehr, und gilt damit nach medizinischer Definition als fettleibig oder adipös.

Übergewicht kann genetische Ursachen haben, doch in den meisten Fällen sind die Menschen für ihre vielen Pfunde selbst verantwortlich. Zu viel Essen – vor allem zu viel Zucker und Fett – auf der einen Seite, zu wenig Bewegung auf der anderen. Die gesundheitlichen Folgen sind gravierend: Übergewichtige leiden öfter an Atemproblemen und haben ein höheres Risiko, an Krebs oder Diabetes zu erkranken, als Normalgewichtige. Auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkte oder Bluthochdruck treten bei ihnen häufiger auf. Die Konsequenz: Fettleibige sterben früher, Männer fünf Jahre, Frauen immerhin gut drei Jahre.

3. Starker Alkoholkonsum (Männer: -3,0 Jahre, Frauen: -2,6 Jahre)

Alkohol ist in unserer Kultur fest verankert. Wir trinken zu Geburtstagen, auf Hochzeiten oder Beerdigungen, auf Partys, nach dem Feierabend mit Kollegen oder einfach allein zu Hause auf dem Sofa. Rund 9,5 Liter reinen Alkohol pichelten die Deutschen durchschnittlich im Jahr 2016. Das sind wöchentlich etwa 165 Gramm oder acht 0,5-Liter-Flaschen Bier, und damit schon bedenklich viel: Laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung wird es für Männer ab 140 Gramm pro Woche gefährlich – das entspricht 3,5 Liter Bier oder zwei Liter Wein. Bei Frauen sind es 70 Gramm, also zwei Liter Bier oder ein Liter Wein.

Andere Studien sehen die kritische Grenze bereits bei 100 Gramm. Schon 2,5 Liter Bier pro Woche oder ein Glas täglich verkürzen demnach das Leben um sechs Monate. Die Schwerstabhängigen, die mehr als 45 Gramm täglich konsumieren, büßen sogar zwischen 2,6 (Frauen) und drei Jahre (Männer) ein. Die traurige Bilanz: Jährlich etwa 75.000 Todesfälle in Deutschland sind auf übermäßiges Trinken zurückzuführen. Damit liegt Alkohol an dritter Stelle der lebensverkürzenden Risikofaktoren.

4. Körperliche Inaktivität (Männer: -2,5 Jahre, Frauen: -2,1 Jahre)

Sport und Bewegung sind in vielerlei Hinsicht gut für den Körper: Regelmäßiges Training beugt nicht nur Herzkrankheiten vor, es senkt zugleich das Risiko eines Schlaganfalls, fördert den Stoffwechsel, stärkt Muskeln sowie Knochen und verbessert die Durchblutung. So weit so verlockend: Nur fällt es vielen Deutschen schwer, ihren inneren Schweinehund zu überwinden und sich aufzuraffen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt pro Woche mindestens 2,5 Stunden körperliche Aktivität – und zwar derart, dass man dabei außer Atem oder ins Schwitzen kommt. Laut Studien erfüllen aber nur vier von zehn Deutschen dieses Soll. Die Folge der Trägheit: Übergewicht und eine größere Anfälligkeit für Zivilisationskrankheiten aller Art. Und dies resultiert letztlich auch in einer niedrigeren Lebenserwartung: 2,5 Jahre büßen männliche Bewegungsmuffel ein, Frauen etwas weniger.

5. Übermäßiges Fernsehen (Männer: -2,0 Jahre, Frauen: -1,8 Jahre)

Unabhängig von körperlicher Inaktivität stellt langes Sitzen ein eigenes Gesundheitsrisiko dar. Als beispielhaft dafür wird oft übermäßiges Fernsehen angesehen: Wer mehr als zwei Stunden pro Tag auf dem Sofa vor der Glotze verbringt, verliert bis zu zwei Lebensjahre. Letztlich geht es aber auch um all die Stunden, die Menschen im Bürostuhl verbringen. Vielsitzen führt häufig zu Muskel- und Skeletterkrankungen, was Atemprobleme auslösen kann. Außerdem wird dadurch die Durchblutung eingeschränkt, womit das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigt. Und schließlich verlangsamt sich die Magendarmtätigkeit – mit negativen Folgen wiederum für den Stoffwechsel und das Immunsystem. Und natürlich hat langes Sitzen auch einen Einfluss auf das Gewicht. Mit Sport und Bewegung lassen sich die negativen Folgen langen Sitzens jedoch abmildern.

6. Wenig Obst und Gemüse (Männer: -2,0 Jahre, Frauen: -1,7 Jahre)

Das Essen hat einen erheblichen Einfluss auf die Lebenserwartung. Das belegen viele Untersuchungen, zum Beispiel die über die Bewohner sogenannter Blauer Zonen. Das sind Gebiete wie die japanische Insel Okinawa oder die italienische Insel Sardinien, wo auffallend viele Menschen überdurchschnittlich alt werden. Ein Grund dafür liegt in der Ernährung: Das Essen der Bewohner in den Blauen Zonen ist zum Großteil fleischlos und sehr abwechslungs- sowie nährstoffreich. Viel Fisch gehört dazu, viel frisches Obst und Gemüse, dafür wenig Zucker und Weizen.

Nun sind Ernährungsgewohnheiten immer auch abhängig von regionalen Bräuchen und dem vorhandenen Angebot. Sushi ist nun mal kein Stammessen der Deutschen. An gesunder Kost mangelt es aber auch in unseren Breiten nicht, und sie sollte auch zum Speiseplan gehören: Wer nicht wenigstens einmal täglich Obst oder Gemüse anrührt, büßt zwischen 1,7 (Frauen) und zwei (Männer) Lebensjahre ein. Doch das trifft wohl nur auf die wenigsten zu, der Trend in Deutschland ist ziemlich erfreulich: Seit den 1950er-Jahren hat sich der Gemüseverbrauch auf rund 100 Kilogramm pro Kopf im Jahr verdoppelt.

7. Soziale Isolation (Männer: -1,0 Jahre, Frauen: -0,8 Jahre)

Vielen mag es nicht so bewusst sein, aber auch Einsamkeit kostet Lebenszeit. Männer wie Frauen verlieren dadurch etwa ein Jahr. Soziale Isolation ist in vielerlei Hinsicht schädlich. Wer allein lebt – ohne Kontakt zu Freunden oder Familie –, verliert zum einen an Lebensmut und Motivation. Das aber sind wichtige Treiber für ein zufriedenes Leben: Als soziale Wesen brauchen wir den Austausch mit anderen, brauchen wir Menschen, die uns Aufgaben stellen, aus denen wir Anerkennung ziehen und die unser Selbstwertgefühl steigern. Und wir brauchen Freunde, die uns zuhören und Trost spenden.

Ein intaktes soziales Netz wirkt zudem als Kontrollinstanz – direkt oder indirekt. Wir achten von vornherein mehr auf unsere Gesundheit und meiden Risiken. Und falls wir uns doch mal gehen lassen, greifen die Angehörigen korrigierend ein. Und sie sind letztlich auch zur Stelle, wenn mal eine Notlage eintritt. Soziale Isolation ist ein Phänomen, das häufig im Alter auftritt. Aber eben nicht nur: Auch Menschen in der Lebensmitte können vereinsamen oder zumindest das Gefühl entwickeln, nicht mehr gebraucht zu sein. Deshalb ist es zu jeder Zeit wichtig, seinen Freundes- und Bekanntenkreis zu pflegen und ihn über neue Aufgaben oder Hobbys zu erweitern.