Lebenserwartung

11.10.2019

7 Gründe, warum Spa­nier bald am längs­ten Leben

Schon heute haben spanische Frauen die höchste Lebenserwartung in Europa. In Zukunft könnte ihr Heimatland sogar die Weltspitze erklimmen. Ganz anders als Deutschland.

© simonapilolla / Getty Images

Geselligkeit und gutes Essen – das sind gleich zwei Faktoren, die zu einer höheren Lebenserwartung führen.

Spanien hält so einige Weltrekorde. Angefangen bei der am schnellsten gesprochenen Sprache bis hin zur größten Dichte an Bars und Kneipen. Und keine andere Fußball-Nationalelf hat bisher drei Mal in Folge einen EM- oder WM-Titel geholt. Laut einer neuen Studie der University of Washington wird rund um das Jahr 2040 wohl noch eine weitere Bestmarke hinzukommen: die höchste Lebenserwartung. Von derzeit 83,3 wird diese voraussichtlich auf 85,8 Jahre klettern. Damit würden die Spanier an Singapur und der Schweiz vorbeiziehen und sogar Japan, den amtierenden Rekordhalter, vom Thron stoßen. Von Deutschland ganz zu schweigen: Bei den meisten Einflussfaktoren – Übergewicht, hoher Blutdruck und Blutzucker, Tabak- und Alkoholkonsum – stehen wir schlechter da als die Südeuropäer. Unsere Lebenserwartung dürfte daher auf „nur“ 83,2 Jahre steigen. Platz 25 im globalen Ranking.

Satte 2,5 Jahre mehr an Lebenszeit – wie machen die Spanier das nur? In ihr Geheimrezept gehören wohl mindestens diese sieben Zutaten:

1. Gesunde Mittelmeerküche

Gazpacho, Paella oder Tortilla: Rund 60 Prozent der Spanier ernähren sich ausschließlich oder zumindest teilweise gemäß der traditionellen Mittelmeerküche. Und diese bringt reichlich Gesundes auf die Teller: viel Olivenöl und wenig tierische Fette, jede Menge Obst und Gemüse, Hülsenfrüchte und Nüsse, Fisch und Muscheln, wenig rotes, dafür vor allem helles Fleisch. Dass diese Kost einer kulinarischen Medizin gleichkommt, ist das Ergebnis zahlreicher Studien. Besonders Entzündungen, Diabetes Typ 2 sowie Herz- und Gefäßerkrankungen lassen sich damit lindern oder vorbeugen.

2. Leichte Abendessen

Natürlich hat auch in Spanien Fastfood längst Einzug gehalten. Und gerade zum Frühstück greifen die Spanier gern zu Churros, einem frittierten Gebäck. Doch in der Regel folgt man dem Sprichwort „De grandes cenas, están las sepultures llenas“: Üppige Abendessen füllen die Gräber. Kalorienbomben gönnt man sich früh am Tag und auch um die Mittagszeit wird nicht selten 3-gängig geschlemmt. In den Abendstunden sinkt hingegen die Energiezufuhr. Dann kommen Tapas und Raciones auf den Tisch, kohlehydratarme Appetithäppchen aus Serrano-Schinken, Chorizo, Käse oder auch Sardinen. Gut für die schlanke Linie, die Verdauung und einen gesunden Schlaf.

3. Viel Bewegung

Die Spanier sind ein Volk der Fußgänger. Für die meisten gehört „el paseo“, der Spaziergang, tagtäglich dazu. So kommt es, dass sich fast drei Viertel der Spanier so viel bewegen, wie es die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt: pro Woche mindestens 150 Minuten moderat oder 75 Minuten in Form von Sport. Damit liegen sie europaweit an der Spitze und schlagen die im Vergleich dazu bewegungsmuffligen Deutschen um Längen.

4. Wenig Alkohol

Dass in Spanien der Alkohol in rauen Mengen fließt, ist ein Klischee. Genährt von so manch deutschem Mallorca-Touristen, der Sangria gern aus Eimern trinkt. Der Spanier selbst gönnt sich zwar auch ab und zu ein Gläschen, kommt aber jährlich im Schnitt auf nicht mehr als 8,6 Liter reinen Alkohol. Ein Liter weniger als in Deutschland.

5. Lange Verschnaufpausen

Urlauber mag es irritieren, wenn sie zwischen 14 und 17 Uhr bei Geschäften oder Banken vor verschlossenen Türen stehen. Denn die Siesta, die überlange Mittagspause, gehört traditionell zum Tagesrhythmus der Spanier. Dann wird ausgiebig gespeist oder auch ein Nickerchen gemacht.  Auf die Langlebigkeit hat vor allem Letzteres einen großen Einfluss. Mittagsschlaf senkt den Blutdruck so gut wie manches Medikament und bremst so das Risiko für Herzinfarkte und andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

6. Lebensfreude und Zusammenhalt

Soziale Isolation gehört zu den größten Lebenszeitkillern. Sich einsam zu fühlen, fällt in Spanien jedoch schwer, denn die Gemeinschaft aus Familie, Freunden, Nachbarn und Kollegen hat einen großen Stellenwert. Trifft man auf Spanier, dann meist in großen Runden. Beim Schwatzen auf Plätzen an der frischen Luft oder in Restaurants und Bars. Gedämpfte Tischgespräche gibt es dabei kaum, dafür umso mehr Gelächter. Eine Studie der University of Vermont hat diese Lebensfreude statistisch nachgewiesen: In keiner anderen Sprache auf der Welt, werden so viele positive Wörter benutzt.

7. Exzellente Gesundheitsversorgung

Obwohl die Finanzkrise das Land schwer gebeutelt hat, besitzt Spanien eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. Laut WHO ist die Qualität der Versorgung so gut, dass die Südeuropäer Platz 7 im globalen Ranking belegen (Deutschland Platz 17). In der Praxis heißt das zum Beispiel, dass 99,8 Prozent der Bürger kostenlosen Zugang zu Leistungen haben. Ebenfalls nicht unerheblich für eine steigende Lebenserwartung: In keinem anderen Land Europas werden mehr Organe gespendet und transplantiert. Gegenüber Deutschland ist die Spenderrate fast fünfmal so hoch.