Gesunde Ernährung

22.03.2018

„Wir soll­ten Lebens­mit­tel ohne lange Zuta­ten­liste essen“

Der Mensch ist, was er isst, sagt Ernährungsexperte Patric Heizmann. Wer sich nur mit Müll vollstopft, bekommt in der zweiten Lebenshälfte die Rechnung dafür.

Herr Heizmann, welche Bedeutung hat denn gesunde Ernährung für die Lebenserwartung allgemein?

PATRIC HEIZMANN: Der Mensch ist, was er isst. Wenn er sich in der ersten Lebenshälfte nur mit Müll vollstopft, kann das der Körper noch gut kompensieren. Die Rechnung kommt dann jedoch häufig in der zweiten Lebenshälfte, in Form von Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Wenn Menschen mit 65 bereits anfangen zu „sterben“, aber erst mit 80 beerdigt werden, hat meist auch die Ernährung ihren Anteil daran. Es macht daher sehr viel Sinn, sich frühzeitig ein paar Gedanken über gesunde Ernährung zu machen und sich nicht komplett in die Hände der Nahrungsmittelindustrie zu geben.

Wie sieht die ideale gesunde Ernährung denn aus?

HEIZMANN: Also, die gesunde Ernährung gibt es nicht. Das wird uns von der Werbung und so manchem Ernährungsexperten immer wieder ganz gerne verkauft. Sicher, es gibt grobe Richtlinien. Doch im Prinzip ist es total einfach: Wir sollten möglichst viele Lebensmittel essen, die keine lange Zutatenliste haben.

Für viele muss Essen im Alltag vor allem zeitsparend sein. Nicht selten bedeutet das: Tüte auf, Wasser drüber. Gesund, lecker und schnell zubereitet – geht das überhaupt?

HEIZMANN: Das ist ja genau das, was uns die Nahrungsmittelindustrie abgewöhnt. Dass wir überhaupt wieder kochen und zwar mit Lebensmitteln, die nicht verarbeitet sind, die ohne ellenlange Zutatenliste auskommen. Was wir brauchen, sind einfache Rezepte, die ratzfatz zu Hause in der eigenen Küche zuzubereiten sind.

Auf der anderen Seite ist gesunde Ernährung für viele inzwischen auch eine Art Ersatzreligion geworden – ob Veganismus oder Steinzeitdiät. Was halten Sie von solchen Ernährungstrends?

HEIZMANN: Die vegane Ernährung ist ethisch betrachtet natürlich absolut korrekt. Allerdings sollte darauf geachtet werden, gewisse Defizite auch auszugleichen. Das heißt: Man braucht Kenntnisse darüber, wie eine ausgewogene Ernährung ohne tierische Produkte aussieht. Die heutige Steinzeiternährung ist im Grunde nicht mit der Ernährungsweise des tatsächlichen Steinzeitmenschen vergleichbar. Damals wurden zum Beispiel viele Innereien gegessen – doch wo kommen heute noch Innereien auf den Teller? Es ist heute vor allem ein Trend, bei dem im Prinzip nur auf natürliche Lebensmittel zurückgegriffen wird. Und dies noch konsequenter als bei der veganen Ernährung. Denn da spielen häufig viele verarbeitete Produkte eine Rolle.

Und was ist dran an „Wunderlebensmitteln“ wie Goji-Beeren oder Chia- Samen? Superfood oder Superfake?

HEIZMANN: Superfood ist letztendlich vor allem eines: ein teures Hobby. Meiner Meinung nach können wir auf teuer importiertes Superfood durchaus gut verzichten, denn dieses gibt es auch direkt vor unserer Haustür. Wer sich saisonal ernährt und in der kalten Jahreszeit zum Beispiel zu Kohlsorten greift, der hat günstiges Superfood mit einer sehr hohen Vitalstoffdichte und sehr wenig Kalorien im Einkaufswagen.

Gibt es etwas, was besonders ältere Menschen bei ihrer Ernährung beachten sollten?

HEIZMANN: Was mir in meiner täglichen Arbeit immer wieder auffällt, ist, dass ältere Menschen zu wenig und zu unregelmäßig Eiweiß, also Proteine zu sich nehmen. Aber genau das ist wichtig, um bei bester Laune alt zu werden, die Muskeldichte zu erhalten, um dadurch mehr und vor allem besser in Bewegung bleiben zu können. Auch das Immunsystem lässt sich dadurch stärken. Denn: Ältere Zellen wollen nicht mehr so recht. Bevor die dann Unfug anstellen, wäre es gut, eine schlagkräftige Abwehr zu besitzen