Lebenserwartung und Medizin

19.07.2019

7 medi­zi­ni­sche Fort­schritte, die unser Leben ver­län­gert haben

Ohne Innovationen in der Medizin wäre ein langes Leben undenkbar. Sieben Meilensteine, die die Behandlung von Krankheiten revolutioniert haben.

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Vom Herzschrittmacher bis zum Wundverband – ohne den medizinischen Fortschritt wäre ein langes Leben heute undenkbar.

1. Der keimabtötende Wundverband

Egal ob eine kleine Schürfwunde oder große Stichverletzung: Jeder weiß, dass eine Wunde sauber sein sollte, damit sie sich nicht infiziert. Sterile Pflaster oder Verbände hat heute jeder zu Hause, im 19. Jahrhundert war das noch anders. Kleine Verletzungen bedeuteten in dieser Zeit häufig das Todesurteil. Das sogenannte „Wundfieber“ – Folge einer infizierten Wunde – raffte viele Menschen in den Krankenhäusern dahin.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wollte der Arzt Sir Joseph Lister nicht länger mitansehen, wie insbesondere Kinder nach Verletzungen dem Wundfieber erlagen. Er erkannte die Problematik der verunreinigten Wunden und setzte die Säure Phenol in seinem OP ein, um Keime abzutöten. Lister ließ mit Phenol das OP-Feld einnebeln, damit die Hände der Ärzte, deren Besteck und die Operationswunde benetzt waren. So verhinderte er, dass die Wunde während der Operation verunreinigte. 1867 tunkte Lister dann auch Verbände in Phenol und verband damit die Wunden seiner Patienten. Auf diese Weise konnten sich die Verletzungen nicht infizieren und eine schnelle Heilung war möglich. So entstanden die ersten keimfreien Verbände, die es ermöglichten, das Wundfieber einzudämmen.

2. Die medizinische Mikrobiologie

Lange rätselten Mediziner über die Ursachen von Infektionskrankheiten. Bis ins 19. Jahrhundert hielt sich etwa die Theorie, aufsteigende Gifte aus dem Erdreich seien der Grund dafür. Bis schließlich Robert Koch die wahren Auslöser entdeckte: Mikroorganismen wie Bakterien. 1882 fand er den Erreger der Tuberkuloseerkrankung und schrieb damit Medizingeschichte. Denn erst das Wissen über die Ursachen bereitete den Weg für die Entwicklung von Gegenmitteln gegen Krankheiten wie Cholera oder Tuberkulose, an denen seinerzeit Tausende Menschen starben. Und obwohl Kochs vermeintliches Heilmittel „Tuberkulin“ zunächst keine Heilung brachte und sogar einen kleinen Skandal auslöste, hat er mit seiner Arbeit Maßstäbe in der Infektionslehre gesetzt. Er gilt auch als Begründer der modernen Bakteriologie.

3. Die bildgebende Diagnostik

Ob beim Zahnarzt, beim Chirurgen oder beim Orthopäden: Geröntgt wurde fast jeder schon einmal. Zu verdanken haben wir die Technik dem Physiker Conrad Röntgen, der die nach ihm benannten unsichtbaren Strahlen 1895 entdeckte. Er nannte sie „X-Strahlen“ und verzichtete auf eine Patentierung, damit seine Entdeckung schneller eingesetzt werden konnte. Die Technologie revolutionierte in der Folge die medizinische Diagnostik. Knochenbrüche, Fremdkörper, Veränderungen des Skeletts – alles was vorher im Verborgenen lag – wurde plötzlich sichtbar. Dies ermöglichte wiederum eine schnellere und gezieltere Behandlung.

Seit Röntgen hat sich die bildgebende Diagnostik weiter verbessert. 1976 koppelten der britische Elektrotechniker Godfrey Hounsfield und der Physiker Allan M. Cormack unabhängig voneinander die Röntgentechnologie mit Computern. Dies ermöglichte Schichtaufnahmen von verschiedenen Körperregionen, mit denen nicht nur Knochen, sondern auch Weichteil-Gewebe sichtbar wurden. Ärzten eröffnete sich so der Blick ins Innere des Menschen, ohne ihn aufschneiden zu müssen. Die Computertomografie war geboren.

4. Die Entdeckung der Blutgruppen

Ohne Blutspenden wären viele Operationen unmöglich. Den Grundstein für die moderne Transfusionsmedizin legte der Wiener Serologe Karl Landsteiner. Er experimentierte mit den Blutproben einiger Probanden und vermischte das Blut miteinander. Dabei stellte er fest, dass die Blutkörperchen bei manchen Menschen verklumpten. Die Eigenschaften des Blutserums mussten sich demnach von Mensch zu Mensch unterscheiden. Der Arzt probierte sämtliche Kombinationen durch und kam zu dem Schluss, dass es drei verschiedene Merkmale geben muss. Im Jahr 1901 entdeckte er zusammen mit seinen Mitarbeitern die drei Gruppen A, B, und 0. Ein Jahr später spürten sie die vierte Gruppe AB auf. Bis heute retten Bluttransfusionen zahllose Menschenleben.

5. Die Chemotherapie

Die Chemotherapie gehört zu den zentralen Behandlungsmaßnahmen bei der Bekämpfung von Krebs. Sie verhindert oft, dass sich die aggressiven Zellen weiter vermehren. Die lebensrettende Therapie geht auf Paul Ehrlich zurück, der diesen Begriff als erster verwendete. Er setzte die chemischen Substanzen allerdings ein, um Infektionskrankheiten zu bekämpfen. Dabei untersuchte Ehrlich die natürlichen Wirkstoffe gezielt auf ihre Effekte und entwickelte sie anschließend synthetisch weiter. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde Ehrlichs Methode dann auch für die Entwicklung von Medikamenten gegen Krebs eingesetzt. Die Krebssterblichkeitsrate geht in Deutschland seit Jahren zurück, und die Betroffenen haben eine deutlich höhere Lebenserwartung als noch vor 20 Jahren. Vor 1980 starben noch mehr als zwei Drittel aller Krebspatienten in Folge ihrer Erkrankung.

6. Das Insulin

Weltweit leidet etwa jeder zehnte Mensch an Diabetes. Bei der chronischen Krankheit kann die Bauchspeicheldrüse kein Insulin mehr produzieren, oder der Körper ist nicht mehr in der Lage, das Hormon richtig zu nutzen. Um den Blutzuckerspiegel dennoch unter Kontrolle zu halten, benötigen Erkrankte täglich Insulininjektionen. Die Entdecker des lebensnotwendigen Insulins waren Frederick Banting und Charles Best. Zu ihrer Zeit verlief für 60 Prozent aller Patienten die Diabetes-Erkrankung tödlich. Im Jahr 1921 gelang es den beiden erstmals, das Hormon aus einer präparierten Bauchspeicheldrüse eines Hundes zu gewinnen. Im Jahr 1923 gelang die industrielle Produktion aus der Bauchspeicheldrüse von Rindern. Seit 1980 kann das Medikament mithilfe gentechnisch veränderter Bakterien hergestellt werden. Obwohl die Zahl der Diabetes-Fälle immer weiter ansteigt, können Erkrankte ein gleiches Lebensalter erreichen wie gesunde Menschen.

7. Der Herzschrittmacher

Herzkreislauferkrankungen zählen zu den größten Gesundheitsrisiken unserer Zeit. Weltweit tragen etwa zwei Millionen Menschen einen Herzschrittmacher in ihrem Brustkorb, weil ihr Herz nicht mehr im richtigen Takt schlägt. Der Schrittmacher bewahrt die Patienten nicht nur vor einem frühen Tod, er ermöglicht ihnen sogar ein gewöhnliches Leben ohne Einschränkungen.

Der erste künstliche Taktgeber wurde 1958 eingesetzt – entwickelt vom Arzt Ake Senning und dem Elektroingenieur Rune Elmquist aus Schweden. Die Elektroden wurden damals noch direkt auf den Herzmuskel genäht. Die Laufzeit des ersten Herzschrittmachers war allerdings sehr begrenzt. Noch am selben Tag musste dem Patienten ein neuer eingesetzt werden. In der heutigen Medizin ist das Einsetzen kein Problem mehr. Meist wird der Eingriff sogar nur unter lokaler Betäubung vorgenommen. In Deutschland werden jährlich etwa 100.000 Schrittmacher verpflanzt.